Ich sage es für mich, immer wieder und wieder, ich sage es mir morgens, mit dem Aufstehen, und ich wiederhole es mantraartig es vor dem Laufen: „Dehnen nicht vergessen“… Mit diesem guten Vorsatz gehe ich ans Laufen. Jedes Mal.
Mein Hirn beim Laufen
Was passiert mit dem Denken beim Laufen? Mein Hirn ist, nun ja, natürlich ist es gut trainiert und so, beim Laufen aber passiert etwas Merkwürdiges: Die Prozesse scheinen sich erst zu zerfasern und dann aufzulösen. Es gibt Läufe, in denen ich großartige Ideen habe! Die Kreativität strömt stark, die Ideen treffen mich mit ihrer Brillianz heftig und ich bin schon ab und an recht begeistert 😉 Von den Ideen, die mein Kopf während des Laufens produziert. Wenn ich sie also nicht vergesse, schnell genug laufe, um sie aufzuschreiben, oder sie jemandem mitteile, kann ich den Ideenproduktionsprozess sogar gut verwenden…
Was häufiger passiert, ist folgendes: Mein Denken nimmt also Fahrt auf. Nach einigen Kilometern, vielleicht so nach einer halben Stunde, pendelt es sich in einem angenehmen Flow ein. Hier entstehen diese Ideen. Während ich weiter laufe, beobachte ich auch meine Gedanken, wie sie weiterziehen. Das leichte Trabgeräusch meiner Füße unterstützt das: tap tap tap tap tap tap … Irgendwann ertappe ich mich dabei zu bemerken, dass ich keine Gedanken mehr beobachte. Was für Gedanken? Achso, die. Okay, da waren sie ja wieder. tap tap tap tap… Weiter fließen…
Eine Stunde später, vielleicht zwei, habe ich mich durch einige Gedankenlöcher gelaufen. Habe so einiges kommen und gehen sehen. Fühle mich frei im Kopf. Die Besetztheit in meinem Gemüt ist einer Beseeltheit gewichen: Etwas zufriedenes, sattes hat sich eingestellt. Es ist leicht wattig. Neblig. Ich grinse durch den Nebel und drücke irgendwann mit einem Gefühl aus Stolz und leichter Ermattung auf Stop meiner Lauf-App.
Stop thinking – Es ist grün!
Stop! In meinem Kopf ist nichts mehr los. Ich weiss, wie ich nach Hause fahre, ich weiß, wo ich hin muss. Immerhin. Beim Autofahren selbst sind die Prozesse allerdings verlangsamt… Ich fahre keine Schlangenlinien, aber wer genau hinguckt würde bemerken, dass ich ein wenig abwesend bin. Letztens hielt sogar ein Motorradfahrer neben mir, an der Ampel, und schrie mich Kraft seines Amtes und seiner bestimmt 240 Kilo Lebendgewicht an, ich sei eine dumme Nuss, es sei längst grün. Ich habe noch nicht mal zurückgeschrien. Lediglich ein, hey, ein bisschen nett, bitte. Und dann dachte ich noch, hey, es ist grün.
Macht Laufen also dumm?
Tatsache ist – ich habe schon wieder das Dehnen vergessen. Und das ist schlimm: Je mehr ich laufe, desto steifer werden die Rückseiten meiner Beine und meine Hüften waren auch schon mal flexibler. Richtig ist ausserdem: ich fühle mich total entspannt und glücklich nach dem Laufen. „Alles“ ist weg. Und das ist klasse 🙂 Alles ist in dem Fall alles, über was man sich so Gedanken machen kann, alles, was einem kleine oder größere Wermutstropfen einflößen will, Gefühle, die nett tun, aber eigentlich nur stören – alles weg. Juchhu! (Eben bis auf das Dehn-Vergessen;))
Laufen macht auf jeden Fall glücklich, mich jedenfalls. Es hilft dabei, das Unwichtige vom Wichtigen zu trennen, und damit zum Wesentlichen zu verhelfen. Wenn das intelligent ist, dann macht Laufen wohl eher intelligent 🙂 Allerdings – macht es mich auch steif und ungelenkig, wenn ich mich danach nicht dehne…
Yoga und Dehnen nach dem Laufen
Zu Hause angekommen lege ich mich also auf meine Matte und bemerke, dass ich ja doch noch denken kann. Ich denke: Du wolltest Dich dehnen!. Okay, also dehne ich mich: Seitwärts, die Adduktoren, aufwärts die Beine, Piriformis und Rückseiten der Oberschenkel. Hüfte und Strecker, die ganze Wirbelsäule… meine Muskeln und Bänder danken es mir. Nicht sofort, aber gleich 🙂
Nach der Dusche hat sich mein innerer Nebel gelichtet und ich fühle mich körperlich gut und geistig klar. Müde, vielleicht, wenn der Lauf länger war, aber gut. Die Freude und Entspanntheit bleibt, das Denken kann also wieder langsam losgehen. Jetzt wäre idealerweise eine kleine Zwischenmahlzeit gut, dann eine Entspannungsphase, gefolgt von einer gut angeleiteten Yogaeinheit, zum Beispiel Yoga für Läufer, und dann mit klarem Geist zum Arbeiten…
Ich stelle immer wieder dankbar fest, Laufen löst interessante Prozesse mit und in meinem Kopf und ist dabei eine höchst sinnvolle Bereicherung in meinem Tag 🙂 tap tap tap tap…
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Wer das auch will, im August und September gibt es Anfänger-Workshops „Yoga & Laufen für Laufanfänger“ (sofern es nicht weiter in Strömen durchregnet… Termine immer per like auf www.facebook.com/yogaps.de) und im Oktober, nahezu wetterfest, für die Laufprofis das wunderbare Trailrunning plus Yoga auf Mallorca