Yogalehrer – Freiberufler oder Gewerbe? | YOGA & Business

Endlich YogalehrerIn – Freiberufliche Tätigkeit oder Gewerbe?

Die Yogalehrerausbildung ist absolviert, herzlichen Glückwunsch! Und was machst Du jetzt damit? Als Freiberufler arbeiten oder ein Gewerbe anmelden? Mit was auch immer Du Dich als Yogalehrer nun betätigst, sobald Du Dir Deine Tätigkeit bezahlen lässt, will das Finanzamt es wissen. Wenn Du als Yogalehrerin selbstständig arbeiten möchtest, hast Du erst einmal ein paar grundsätzliche Entscheidungen zu treffen. Hier eine Übersicht:

I. Selbstständige YogalehrerIn ohne eigenes Studio (Honorarkraft) = Freiberufliche Tätigkeit

Du möchtest gerne als Freiberufler Yoga für „fremde“ Studios anbieten? Wenn Du als beauftragte DienstleisterIn für ein bestehendes Studio Yogastunden gibst, fällt vieles leicht:

  • Du hast keine eigene Akquisition zu tätigen! Die Teilnehmer kommen über die Werbung des Studios.
  • Du hast keine Fixkosten! Du kommst, hältst Deine Stunden, und gehst wieder. Du zahlst also weder Miete, noch Versicherungen*, keine Einrichtungsgebühr Möbel, Matten, Ausstattung – Alles inklusive.
  • Du bist nicht voll ausgelastet! Du wirst kaum Vollzeit als Honorarkraft arbeiten. Du kannst Dich also langsam an das Yogalehrer-Sein herantasten,  der Administrationsaufwand hält sich in Grenzen…
  • Leider halten sich dadurch auch die Verdienstmöglichkeiten in Grenzen. In der Regel gibt es einen festen Stundensatz, über den Du eine ordentliche Rechnung stellst. Da Du Dein Einkommen in der Einkommenssteuererklärung angeben musst, führst Du also eine Tabelle über Deine Einnahmen (und Deine Ausgaben, die im Rahmen der Lehrtätigkeit anfallen). Am besten von Beginn an 🙂 Wer mag, kann auch eine Software dafür nutzen, für den Beginn reicht sicherlich eine Excel-Tabelle, die, an den richtigen Stelen mit den richtigen Formeln ausgestattet, für Dich alles mögliche selbst ausrechnet 🙂 Das ist der Vorteil gegenüber einem Schreibprogramm. Ich schreibe das aus Gründen. Wenn Dir das unklar ist, frage am besten jemanden, der sich damit auskennt…)

Definition Freiberufler und Einstufung der lehrenden Tätigkeit

Gemäß Einkommenssteuergesetz (§ 18 EStG) ist die Definition für freiberufliche Tätigkeit (auszugsweise) wie folgt: „…selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit.“ Auch andere Berufe, sogenannte Katalogberufe und ähnliche, fallen unter Umständen darunter. Ein Anruf beim Finanzamt schafft Klarheit im individuellen Fall. Als lehrend tätiger Yogalehrer fällst Du unter „lehrende Berufe“ und bist damit Freiberufler – Mit dem Wermutstropfen, dass Lehrer grundsätzlich rentenversicherungspflichtig sind…

Anmeldung als Freiberufler – Wie geht das?

Das ist selbst für unser kompliziertes Melde- und Steuersystem ausnahmsweise einfach! Ja genau, einfach: ein einfacher Anruf bei Deinem Finanzamt und die Sache ist (meistens) geritzt 🙂 Außer… es wird kompliziert…

Pflichten eines Yogalehrers als Freiberufler

  • Anmeldung der freiberuflichen Tätigkeit beim zuständigen Finanzamt
  • Haftung immer unbegrenzt (im Gegensatz zu einer GmbH oder Partnergesellschaft)
  • Bei Gewinn < 2.100 € pro Jahr sind die Einnahmen unter Umständen! als Übungsleiterpauschale abzugsfrei zu behalten.
  • Gewinn > 5.400 € pro Jahr / 450 € / Monat: Es besteht Rentenversicherungspflicht! Nach § 190 a SGB VI sind „selbstständig tätige (Yoga-)Lehrer“ grundsätzlich verpflichtet, sich innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit bei der DeutschenRentenVersicherung zu melden. Ab einem Gewinn von 5.400 € im Jahr wird ein Beitrag (Regelsatz) zur Rente fällig. Freiberufler, die sozialversicherungspflichtig Angestellte beschäftigen, sind nicht rentenversicherungspflichtig.
  • Ab einem Umsatz > 17.500 € pro Jahr entsteht Umsatzsteuerpflicht (und damit auch Vorsteuerabzugsberechtigung), zahlbar ab dem Folgejahr.

II. Selbstständige Yogalehrerin mit eigenem Studio – Es kommt darauf an…

Worauf kommt es an? Laut Gewerbeordnung (GewO) ist eine Gewerbeanmeldung erforderlich, wenn man einer selbständigen Tätigkeit nachgehen und Rechnungen ausstellen möchte und auf Dauer Gewinnerzielungsabsicht hat. Ausnahme: man gehört zu den o.g. bestimmten Berufsgruppen (§ 6 GewO).

Bleibt es also A bei der lehrenden Tätigkeit, braucht auch ein Studiobetreiber nicht per se ein Gewerbe anzumelden. Solltest Du jedoch vorhaben, in Deinem Studio schöne Yogakleidung anzubieten, Massagen, oder andere nicht lehrende Tätigkeiten, wie z.B. Reisen, sieht es sofort anders aus: jeglicher Verkauf ist gewerblich, also Gewerbeanmeldung notwendig. In der Regel lassen sich die beiden Geschäfte dann auch nicht voneinander trennen, müssen also gemeinsam angemeldet werden, was bedeutet, dass Du auf alle Einnahmen Gewerbesteuer zahlst (sowie Kammerbeiträge).

Variante B: Du möchtest das Studio nicht alleine betreiben, sondern mit Deiner besten Yogafreundin? Oder mehreren Partnern? Sobald ihr eine Gesellschaft gründet, besteht Gewerbeanmeldepflicht (und weitere Pflichten in Bezug auf steuerliche Meldung der Einnahmen, Haftung, Versicherungen). Hier ist unbedingt im Vorfeld ein Steuerberater zu befragen!

Dein erster Gang führt Dich also zu Deinem Finanzamt. Doch da gibt es leider unterschiedliche Auffassungen davon, welcher Beruf / welche Ausübungsart zu den freien Berufen zählt. Es lohnt sich, informiert zu sein 🙂

Vorteile eines eigenen Yogastudios

Vorteile eines eigenen Studios sind natürlich der freie Gestaltungsrahmen, die eigene „Handschrift“, Deine „Corporate Identity“, die Du den Stunden, den Räumen, der Website etc. geben kannst – aber auch musst. Das heißt, Du übernimmst die volle Verantwortung dafür, dass Dein Yoga-Vorhaben ein echtes gewinnbringendes „Unternehmen“ wird. Kein Problem für Dich? Wunderbar! Viele bringen ganz viel unternehmerisches Knowhow mit. Wenn du das noch nicht hast, oder wenn Du Dir nicht sicher bist, wie Du das alles am besten planen sollst, hole Dir unbedingt Unterstützung! Zu strategischen Fragen, Existenzgründung-Optionen, Businessplan, Marketing- (im weiteren Sinne von Preisgestaltung, Produkt und Angebote, Verbreitung und gestalterischer Werbung) und Controllingdingen, aber auch Steuer- und Versicherungsfragen gibt es Beratungsangebote, Coaches, am besten gleich zu Beginn. Wenn Du keinen kennst, der jemanden kennt – bei Facebook gibt es gute Yogalehrergruppen, wie zum Beispiel die Yogalichter, in denen man gute Tippe erfragen kann. Der Vorteil: Du kannst Dich voll und ganz auf Deine Tätigkeit als Yogalehrerin konzentrieren. Bei betriebswirtschaftlichen Fragen oder marketingtechnischen Anliegen stehe ich Dir gerne zu Verfügung.

TIPP: Bei Existenzgründung zahlt Dir die Agentur für Arbeit einen Zuschuss zur Beratung (unterschiedliche Töpfe, unterschiedliche Höhen. Nachfragen lohnt sich!).

Noch ein TIPP: Wenn Du eigenen Wohnraum gewerblich, also für Deine Tätigkeit nutzen möchtest, müssen diese Räumlichkeiten beim Bauamt als Gewerberäumlichkeiten ausgewiesen sein.

Und wo melde ich ein Gewerbe an?

Das Gewerbe meldest Du beim Gewerbeamt, Finanzamt, IHK, Handelsregister oder der Berufsgenossenschaft Deines Wohnortes an, bzw. dort, wo Du Dein Gewerbe ausführen möchtest. Bei Gewerbeanmeldung unterscheidet das Finanzamt noch zwischen Kleingewerbe und Vollbetrieb, was sich u.a. auf die Umsatzsteuerpflicht (und die Vorsteuerabzugsberechtigung) auswirkt. Dazu an anderer Stelle mehr Info…

Auswirkung Yogalehrer als Freiberufler bzw.  Gewerbetreibender

Welche Auswirkungen hat das denn nun, ob Du ein Gewerbe angemeldet hast oder nicht? Neben den oben genannten Punkten sind die Unterschiede im Wesentlichen:

  • dass Du als Freiberufler keine Bilanz erstellen musst, auch nicht, wenn Dein Einkommen höher wird. Freiberufler können immer auf die vereinfachte Form der Einnahme/Überschussrechnung (EÜR) ausweichen
  • dass Du mit einem Gewerbe zusätzlich zu Deiner Einkommenssteuer Gewerbesteuer zahlst. Gewerbesteuer wird auf den Gewerbeertrag erhoben. Nach einem Freibetrag von aktuell 24.500 € für Einzelunternehmen und Personengesellschaften wird eine Steuermesszahl errechnet, die mit dem Hebesatz der Gemeinde multipliziert wird – je nach Wohn- bzw. Gewerbeort kann dies also unterschiedlich sein.
    Berechnungsschema der Gewerbesteuer (Quelle wikipedia):
    Gewinn aus Gewerbebetrieb (Gewinn) gem. EStG bzw. KStG
    + Hinzurechnungen
    − Kürzungen
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    = Gewerbeertrag vor Verlustabzug
    − Gewerbeverlust aus Vorjahren
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    = Gewerbeertrag (abzurunden auf volle 100 €)
    − Freibetrag von 24.500 € (nur für Einzelunternehmen u. Personengesellschaften)
      bzw. 5.000 € für sonstige jur. Personen des privaten Rechts (z.B. Vereine)
      sowie gewerblich aktive nichtrechtsfähige Vereine
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    = Gewerbeertrag × Steuermesszahl (seit 2008: 3,5 %)
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    = Steuermessbetrag × Hebesatz der Gemeinde
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    = festzusetzende Gewerbesteuer
    - Gewerbesteuer-Vorauszahlungen
    = Gewerbesteuerzahllast
  • dass Du als Gewerbetreibender automatisch Pflichtmitglied bei der IHK bis – mit den daraus entstehenden Rechten und Pflichten
  • Ausserdem ist die Gewerbeanmeldung selbst kostenpflichtig.

*Achtung Versicherungen!

Wenn Yogalehrer glauben, sie seien über die auftragegebende Schule/ Studio versichert, sollte man genauer nachfragen: feste Mitarbeiter sind idR abgesichert, ob Du als Freiberufler/ selbstständige Honorarkraft, es bist, müsstest Du im Einzelfall erfragen. Im Falle einer Verletzung nimmt die Schule Dich in Haftung, bist Du nicht versichert, haftest Du mit Deinem Privatvermögen. Solltest Du ein Yogastudio führen, kommst Du um eine kombinierte Berufs- und Betriebshaftpflicht nicht herum.

p.s.: Dieser Artikel stellt, bei aller Sorgfalt, natürlich keine rechtliche Beratung dar!

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TRUST THE UNIVERSE!

… und sei achtsam bei jedem Schritt und jeder Bewegung…

Sabine Flechner-Schork - 28. Juli 2016

Nachtrag auf Anfrage: Der Beitragssatz in der Pflichtversicherung für freiberuflich tätige Yogalehrer beträgt einen Regelsatz von rund 530 EUR. Ausser, Du bist in der Künstlersozialkasse, dann zahlst Du nur den halben Satz. Existenzgründer zahlen in den ersten drei Jahren ebenfalls nur den halben Betrag.

Viva - 29. Juli 2016

Danke. Der Artikel ist wunderbar übersichtlich und endlich habe ich einiges verstanden, was mir vorher nicht so richtig klar war. Toll geschrieben. Bei dem Gewinn < 2.100 Euro kann man im Gegenzug, dass man es vielleicht nicht versteuern muss, auch wiederum keine Ausgaben absetzen, oder? Und über eine Empfehlung einer Versicherung würde ich mich auch freuen. Oder vielleicht wäre es auch ein Thema für einen neuen Artikel. Danke auf jeden Fall.

    Sabine Flechner-Schork - 31. Juli 2016

    Hallo liebe viva, danke für die Blumen 🙂 Genau, wenn man die Übungsleiterpauschale von unter 2.100 ansetzt (diese ist auch noch an andere Kriterien gebunden), ist es nicht möglich, dagegen Ausgaben anzurechnen. Das liegt daran, dass es als „Entschädigung“ deklariert ist:)
    Versicherungen für Yogalehrerinnen sind tatsächlich ein grosses Thema, wir planen gerade einen Gastartikel eines Versicherungs-Experten…
    Bis dahin, schau doch mal in der Facebook-Gruppe „Yogalichter“ nach, dort wirst Du fündig 🙂 Schönen Sonntag!

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