Mut & Stärke bei Flugangst | 15 min

Energy goes where Attention flows…. Wir wissen das. Unser Verstand weiß das! Bloß der Körper, der macht, was er will? Zittert, schwitzt, die Gedanken rasen? Was passiert eigentlich körperlich bei Ängsten wie Flugangst? Die äußerlich sichtbaren Kennzeichen sind Muskelanspannung und Schwitzen durch erhöhte Pulsfrequenz und Adrenalinausschüttung – für Gefahrensituationen ist der Körper so perfekt vorbereitet, um schnell kämpfen oder fliehen zu können… Angst ist eine höchst sinnvolle Reaktion unseres unbewusst agierenden Stammhirns.

Doch warum rühren manche Menschen seelenruhig lächelnd in ihrem Tomatensaft, sind entspannt bei der Sache, während bei einem ruhigen Standard-Flug, bei niedrigsten Unfallraten aller Verkehrsmittel, klare Angstreaktion zeigen? Was genau an der Situation „Flug“ nehmen wir als bedrohlich wahr? Und was genau hilft uns zu erkennen, ob eine Angstreaktion sinnvoll ist?

Energy flows, where Attention goes

Im Fall von Flugangst taucht die Reaktion „Angst“ also im unpassenden Moment auf: Obwohl unser Verstand erkennt, dass keine akute Gefahr besteht, funkt das Stammhirn weiter: Gefahr, Gefahr! ohne dass wir einen bewussten Zugriff auf diesen Prozess haben. Warum ist das so?

Das Reptiliengehirn

Der in der Evolution älteste Teil unseres Gehirns wird Stammhirn oder Reptiliengehirn genannt. Der Name lehnt sich an den einfachen Aufbau des Gehirns der Reptilien an. Es ist überwiegend für Arterhaltung zuständig und hat die Aufgabe, das Überleben zu sichern. Das erledigt es sehr zuverlässig, da vereinfacht gesagt, die Nervenimpulse auf direktem Weg über das Rückenmark geliefert werden. Leider mischt sich das Reptilienhirn auch in Situationen ein, in denen wir seit einigen tausenden Jahren auf angemessenere Prozesse der bewussten Verhaltenssteuerung zurückgreifen könnten.

So übernimmt das Reptiliengehirn in Stresssituation, z.b. durch Alkohol, Drogen, Belastung, Krankheit, Alter, Müdigkeit, starken Gefühlszuständen und eben auch den damit verbundenen Überzeugungen die lähmende Kontrolle über uns. Das Stammhirn kann nicht unterscheiden, ob es einen tatsächlichen „Feind“ gibt, den man bekämpfen sollte oder vor dem wir fliehen sollten, weil es diese Unterschiede nicht erkennen kann! Es reagiert einfach. gemäß seiner Funktion, auf die wahrgenommenen Reize. Jetzt kommt der springende Punkt: und zwar unabhängig davon, ob diese tatsächlich bestehen!

Es ist eine Frage der gelernten Muster, der Prägungen, ob das alte Reptilienhirn Signal zu Angst gibt oder ob es die Reize als irrelevant vorbeiziehen lässt. Diese Muster bestehen aus Wahrnehmung innerhalb des eigenen Systems. Innerhalb unserer eigenen „Landkarte“ handeln wir gemäß mit den zu Verfügung stehenden Verhaltensweisen und Überzeugungen so, wie wir es gelernt haben. Es ist sehr relevant zu verstehen, dass diese Prozesse im Innen geschehen und nicht im Außen festgelegt sind – sonst wären Reaktionen bei jedem von uns gleich…

Dazu kommt, dass wir im Fall von Flugangst bewusst dagegen halten wollen und so aller Wahrscheinlichkeit nach weiter verkrampfen, durch Vermeidungsreaktionen in die Ängste weiter hinein steigern, und das Gefühl haben, es nicht vermeiden zu können… Energy flows, where attention goes…

Strategien gegen Flugangst

1. Ablenkung trickst das Stammhirn aus

Fokussieren wir andere Aspekte dessen, was wir wahrnehmen, lässt die Angst nach, Entspannung kann eintreten. In leichten Fällen hilft das – ruhig und tief in den Bauch atmen, mehrmals, bis Puls und Anspannung sich beruhigen… Der körperlichen Beruhigung folgt die Kontrolle des Verstandes, das Nervensystem hört auf zu „funken“, das Hirn kann Entwarnung geben… Diese Prozesse geschehen auch in Trancezuständen, auch schon in leichten, was jeder kennt, der schon mal etwas vergessen hat, was er gerade vorhatte, bevor er aufsprang, es zu tun… 😉

2. Akzeptanz der Nicht-Realität

Welche inneren Bilder, welche inneren Dialoge laufen da gerade ab? Genau das gilt es zu erkennen. Denn nicht das Außen ist der Verursacher der Angstreaktion, sondern die inneren Bilder, das völlig individuelle Wahrnehmen innerhalb des Modells, das wir von der Welt haben, unserer eigenen „Landkarte“. Das erkennt man sehr schnell daran, dass Anzeichen von Angstreaktion entstehen, sobald man an die Situation bloß „denkt“, also sie fühlt, ohne dass sie eintritt… Wir können also lernen, dass es sich bei der „Realität“ um etwas relatives handelt , das unseren Wahrnehmungsfiltern Verzerrung, Generalisierung und Tilgung unterliegt. Es gibt keine „absolute Realität“! Mit dem Wissen darum alleine ist es in der Regel nicht getan. Dem Gehirn ist es nämlich „egal“, ob etwas tatsächlich passiert oder ob es als solches im Innen wahrgenommen wird. Prima, schlagen wir unseren Verstand mit den eigenen Waffen!

3. Die Situation neu gestalten

Jede Reaktion, jedes Verhalten, ist immer die beste Reaktion,  die uns in dem Moment zu Verfügung steht – nicht die angemessenste, zu der wir fähig sind. Was wäre denn angemessen in der Situation? Was brauchst Du, um die Situation, in der bisher Flugangst herrscht, angemessen zu erleben? Stärke oder Mut wären passend? Vertrauen, tiefe Sicherheit, etwas anderes, um entspannt sein zu können? Und, hey, in zahlreichen anderen Situationen reagierst Du genau so, gelassen, voller Mut und Stärke? Wunderbar. Dann spielen wir mit dem Hirn ein kleines Spiel:

Erinnere dich an eine der vielen Situationen, in der Natur etwa oder beim Sport oder im Kreis deiner Familie, wenn sich alles leicht und sicher, vertraut, anfühlt. Wähle eine konkrete Situation, in der Du genau das (Mut und Stärke oder eine andere Eigenschaft, die genau richtig ist) zu Verfügung hattest. Steige in diese Situation ein, schau dich um, nimm wahr, wie Du Dich fühlst, wenn Du mutig bist, wenn du dich kräftig und sicher fühlst. Du kannst deine Augen offen halten oder sie schliessen, und so leicht die inneren Bilder wahrnehmen. Nimm wahr, was du siehst und wie es um dich herum aussieht in dieser Situation, wie groß oder klein, nah oder fern, weit, bunt, wie hell oder dunkel. Nimm wahr, was du hören kannst, von woher, welche Intensität und Lautstärke, und wenn es nichts zu hören gibt, nimm auch das wahr… Richte deine Wahrnehmung auf dein Gefühl in dieser Situation, lokalisiere es in dir, folge ihm mit deiner Wahrnehmung. Nimm die äußerliche Haltung zu dem Gefühl ein, und nimm auch wahr, wie sich das in Dir Innen anfühlt… Nimm auch die Reaktion deiner Umwelt wahr, Dein Verhalten, nimm wahr, welche Fähigkeiten jetzt noch zu Deinen Möglichkeiten gehören, und wovon Du überzeugt bist hier. Richte Deine Wahrnehmung auf Deine Werte, was ist Dir wichtig, was macht Dich aus, wenn Du so wie jetzt in der Situation Du als ganz Du Selbst bist und was gibt es noch darüber, wozu Du zugehörig bist? Wenn das Gefühl sehr gut, am besten, spürbar ist, gebe jetzt der Situation, dem Gefühl, einen Namen oder mache eine Bewegung, die für genau dieses Gefühl steht. Du kannst Dich auch an einer bestimmten Stelle berühren, Dir damit einen Ankerpunkt setzen – Alles drei zusammen ist auch super!

Durchatmen. Als nächsten Schritt gehst Du nun mit deinen Ressourcen! in deiner Vorstellung Schritt für Schritt in die vorgestellte Situation, als sie dir noch Angst bereitet hat, hinein. Nimm wahr, an welcher Stelle sich Unbehagen einschleichen will und nutze Deine Anker. Gehe mit deinen passenden Ressourcen genau so weit, wie es für Dich gut anfühlt. Richte Deine Aufmerksamkeit darauf, was jetzt anders ist. Was jetzt um dich herum passiert, was du tun kannst…. Was du von dir selbst denkst, wovon du jetzt überzeugt bist… Es hilft, hier von jemandem geführt zu werden, der darauf achtet, dass Du in deinem starken Zustand bleibst, und es geht auch alleine… Gehe so Schritt für Schritt durch die vorgestellte Situation durch und lerne, erfahre, fühle, wie es sich anfühlt, dabei statt bloß angstfrei, sondern vielleicht sogar jetzt ressourcenstark zu bleiben, und bewusst handeln zu können. Löse den oder die Anker mehrmals aus, durch einige Wiederholungen lernt Dein Nervensystem die neuen inneren Bilder und Dialoge noch besser kennen.

Wenn Du einmal durch bist, wieder hole den Vorgang. Als letzte Überprüfung stelle dir vor, wie du bei nächster Gelegenheit eines echten Fluges durch diese neuen Erfahrungen gelernt hast, mit Mut und Stärke und all dem, was du mit hast, entspannt und gelassen bleibst, vielleicht auch selbst lächelnd in einem Glas Tomatensaft rührst…

*Diese Übung ist EINE von verschiedenen Techniken im NLP. Sie ist hochwirksam, sozusagen eine Kernübung aus dem NLP. Für starke Phobien gibt es weitere Techniken, die du am besten mit einem guten Coach anwendest. Interessiert an mehr?